Vom Anbeginn der Zeit

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Vom Anbeginn der Zeit


(Diese Geschichte steht in einer uralten Schriftrolle aus dem Göttinnentempel zu Berotork, der schon vor Jahrhunderten niedergebrannt wurde. Zurzeit befindet sich diese Schriftrolle versiegelt und ungelesen auf dem Schreibtisch des Archäologen Stanach Knochensammler in der Universität zu Jalena.)


Sie trafen sich unter dem Sternenzelt des Nachthimmels. Nur ein kleines Lagerfeuer beleuchtete die Gesichter der Anwesenden und zeichnete dort seltsame Muster. „Alles wird anders werden, wenn sie kommen“, sagte der Elb und die Worte klangen wie Musik. Er sah weiterhin in das Spiel der kleinen Flammen. Sein Antlitz war dermaßen schön, dass selbst das Licht der Sterne dagegen nur ein blasses Schimmern war, das die Nacht kaum erhellen konnte. Die Kleidung war prachtvoll, verziert mit Edelsteinen und wertvollen Metallen. Der Zwerg verzog den Mund. Trotzdem nickte er leicht und fuhr sich mit den kräftigen Fingern durch den langen Bart, den er, wie üblich, unter seinen breiten Gürtel gesteckt hatte. In den vielen kleinen Zöpfen waren Pailletten aus Mithril eingearbeitet, seine Kleidung war derbe, nicht so wertvoll, wie die des Elben, aber dauerhaft und von meisterlicher Machart. Seine Stimme war tief wie die Wurzeln der Berge. „Sogar die tiefe Freundschaft zwischen unseren Völkern wird leiden und wir werden uns mit Misstrauen begegnen. Und ganz werden wir uns in die Wurzeln der Welt zurückziehen, so wie dein Volk, mein Freund, kaum mehr die Wälder verlassen wird. Dies sehe ich voraus.“

„Jede Freundschaft wird leiden und gar zerbrechen und die üblen Kreaturen, die jetzt nur Schemen in den dunkelsten Wäldern und tiefsten Schluchten sind, werden erstarken und zu nutzen wissen, dass wir nicht mehr mit einer Stimme sprechen werden.“ Fast gefühllos klangen die Worte aus dem Mund des Elben, aber wer dabei in sein Gesicht schaute, sah die Qualen, die er durchlitt, während er sie aussprach.

„Ihr werdet zu uns kommen und wir werden euch, auch wenn dann schon viel Leid über euch und eure Völker gefallen war, mit offenen Armen empfangen.“ Die Frau mit den goldenen Flügeln, die mit am Feuer saß, lächelte die anderen an, die sie dankbar für diese Einladung anblickten. Schon immer lebten die Fijaren auf der Schwesterwelt, aber noch nie war der Kontakt zu ihnen so gut und vor allem so oft, seit dem die ersten Anzeichen am Horizont zu sehen waren, dass ein neues, ein junges Volk die Wälder verlassen würde. Auch ihre Stimme war eher Musik, aber ihre Kleidung hatte einen ganz eigenen Stil, wie man ihn auf Galat nicht kannte.

Lieblich erklang eine leise Stimme aus der Luft, denn die kleine Frau wollte nicht sitzen und flog lieber von Schulter zu Schulter, wie es die Art der Pixies ist. „Trotzdem werden wir immer aus einem Stamm entsprungen sein, denn wir alle sind die Kinder der Göttin. Auch wenn wir und gerade ihre jüngsten Kinder dies mehr als einmal vergessen werden, so wird es durch alle Zeiten hindurch welche geben, die die Freundschaft, die jetzt bei uns wohnt, leben und sie wieder aufleben lassen. So werden sie ein Feuer in die Herzen tragen und eine Hoffnung, dass irgendwann einmal eine Zeit anbrechen wird, wo wir mit Freuden und unter Freunden wieder um ein Feuer sitzen werden und das junge Volk wird an unserer Seite sein.“

„Wir werden Sorge dafür tragen, dass es auch noch Orte gibt, wo es solche Treffen geben kann, wenn diese ferne Zukunft Wahrheit werden sollte.“ Die klare Stimme, die sowohl männlich, wie auch weiblich hätte sein können, kam aus dem Mund eines Pferdes, so schien es, bis zu dem Moment wo ein langes, silbern wirkendes Horn auf dessen Stirn vom Licht der Sterne zum funkeln gebracht wurde.

„Nicht allein müsst ihr diese schwere und lange Aufgabe erfüllen müssen, Freund und Freundin. Wir werden euch bei Seite stehen und Wald, Wiese und Moor mit euch gemeinsam erhalten. Werden sie bewahren, gegen Unwissen und Gedankenlosigkeit der Jungen, aber auch gegen Hass und Zerstörungswut jener, die erstarken werden und schon immer wider uns und unserer Werke handelten.“ Die Frau, die diese Worte sagte, war wunderschön. Ihr langes, grünes Haar fiel bis zu ihrer Körpermitte hinab und nur einige Blätter bedeckten ihren Leib. Jedoch waren es so wenige, dass sie die Blicke eher anzogen, als dass sie ein Sehen verhindern konnten.

Der Elb stand auf und ging zu dem Einhorn und der Dryade. Der lebenden Verkörperung der Unschuld legte er seine Linke auf den Vorderlauf und seine Rechte legte er dem Sinnbild lebender, wachsender, gedeihender Natur auf die Schulter. „So sei es ein Schwur, denn wenig werden wir alle dann nur noch mit euch zu schaffen haben und fast vergessen, wie innig die Freundschaft auch zu euch war, und wenig Dank werden wir haben für euer Tun, bis wir wieder erkennen, dass wir Eins sind. Aber dafür werdet ihr niemals die Freundschaft, die wir jetzt alle haben, zueinander verlieren und immer wird in euch der Funke sein, der jetzt als helles Feuer in uns allen brennt. So sehe ich es voraus.“ Immer mehr stockten ihm dabei die Worte und Tränen tiefster Trauer, aber auch bitterster Hoffnung rannen über sein unbeschreiblich schönes Gesicht.

„Wir aber werden uns auch zurückziehen und fremd werden mit euch allen und allem, was da kommen wird, denn in unseren Herzen wird die Hoffnung aus deinen Worten leben und golden werden unsere Herzen sein. Aber zu ähnlich werden wir seinen vom Äußeren gegenüber jenen Jungen, die kommen werden, als dass wir nicht mit ihnen verwechselt würden. Doch so können die Serina unter allen leben und nicht auffallen. Aber anders werden wir sein, unbefleckt und kein Schwert werden wir mehr in die Hand nehmen, aber selbst die Übelsten der Üblen werden nicht wagen die Waffe gegen uns zu erheben.“ Der Mann lächelt traurig, aber auch voller Liebe alle Anwesenden an. Jeder spürte die tiefe Wahrheit, die er Prophezeite.

Die Schnauzhaare der Mari zitterten und tatsächlich färbte sich ihr schimmernder Pelz Silber und Grau, als sie die Worte hörte und leise sprach sie: „Wir aber werden niemals aufhören zu suchen und alles wird unsere Aufmerksamkeit erhalten, und mehr als einmal wird es den Tod eines meines Volkes bedeuten. Aber immer werden wir auf der Suche sein und niemals werden wir aufhören. Auch wenn wir dereinst nicht mehr wissen, warum wir suchen und nur noch denken, dass wir Mari einfach so sind, so suchen wir jene Vertrautheit und Freundschaft, die uns hier verbindet.“

Da aber flog die Pixie mit wirbelnden Flügeln auf und rasend flog sie immer im Kreis über das Feuer. „Nun, sehe auch ich klar. Denn noch ein Volk wird entstehen, das keines ist, aber es wird aus uns sein. Es wird etwas haben von uns allen und immer werden sie geboren werden, wenn wir nicht damit rechnen, denn sie sind geboren aus unseren Werten und Gefühlen und nicht aus unserem Leben selbst. Wir werden sie verfluchen und verneinen, meiden und niemals als unser Blut ansehen und doch werden sie die Summe sein all dessen, was wir sind. Hier und jetzt. Kaiap werden wir sie nennen und behandeln wie Bastarde, aber dereinst werden sie unsere Augen öffnen, wenn sie finden, was sie immer suchen werden: Sich und somit uns in unserer gesamten Einigkeit. Denn so ist es der Wille unserer Mutter, aus der wir alle entsprungen sind.“

Der Elb sah in die Gesichter aller und sagte laut: „So sehen wir es alle, meine Freunde und so wird es sein.“ Dann stand er auf und hob seine Hand zum Schwur!

Und der Elb schwor: „Einigkeit!“

Und der Zwerg erhob sich und schwor: „Wachsamkeit!“

Und die Fijare flog auf und schwor: „Brüderlichkeit!“

Und die Pixie rief aus: „Gemeinsamkeit!“

Und das Einhorn erhob sich und schwor: „Unerschütterlichkeit!“

Und die Dryade erhob sich und schwor: „Selbstlosigkeit!“

Und der Serina erhob sich und schwor: „Ehrlichkeit!“

Und die Mari erhob sich und schwor: „Wehrhaftigkeit!“


Im gleichen Moment erhellte sich die Nacht um sie herum. Ein strahlendes Licht schien um sie und aus ihnen heraus. Jeder spürte in sich das Gefühl voller Sanftheit, Güte und Liebe, aber auch Macht. Aber vor allem das angenommen sein. Ein jeder fand am nächsten Tag an sich ein Mal, einen Makel, den keiner vorher je kannte. Dieses Mal nannten sie das Mal der Göttin, weil sie den ewigen Schwur geleistet haben und seitdem wird dieses Mal Göttinnenmal genannt, als Berührung der einen Mutter, wenn jemand in ihren Namen handelt und ihren Segen erhalten hat.


So ist es hier gesammelt und zusammengefügt, notiert und geschrieben. Nach meiner Suche, die ein Leben lang dauerte und doch nicht die Vollendung fand.


Zacko Terro, Kaiap.